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Fipronil reißt große Versorgungslücke
Fipronil und kein Ende. Zwischen Handel und Industrie tobt ein Kampf um die Versorgung mit Schaleneiern und Eiprodukten, der bis weit ins nächste Jahr erbittert geführt werden dürfte.
Der Fipronil-Skandal hat die Branche härter getroffen als befürchtet. Die Knappheit, verursacht durch den Skandal in den Niederlanden, trifft inzwischen weite Teile der Branche. Von der Feinbackware über Nudeln, die Veggie-Wurst bis zum Eierlikör müssen viele Hersteller für den knappen Rohstoff tiefer denn je in die Tasche greifen. Von Teuerungen bis zu 50 Prozent ist die Rede.
Noch größer aber sei die Angst vor den Regressforderungen des Lebensmitteleinzelhandels, hieß es auch auf der Branchenmesse Anuga hinter vorgehaltener Hand. "Wer die Lieferverpflichtungen nicht erfüllen kann, muss den Kunden für die entgangenen Umsätze entschädigen", beschreibt ein Branchenkenner das Schreckensszenario, das viele sich jetzt in den düstersten Farben ausmalen.
Jetzt schlägt auch der Zentralverband der deutschen Geflügelwirtschaft (ZDG) Alarm und spricht von dramatischen Verwerfungen im deutschen Eiermarkt: Lieferengpässe in allen Haltungsformen seien zwangsläufig zu erwarten, zumal jetzt die verbrauchsstarke Periode vor den Feiertagen einsetze. Der Effekt verstärke sich, gehe es um Eier von gentechnikfrei gefütterten Tieren mit intakten Schnäbeln. Alle Lieferanten und Kunden ruft der Verband daher zur Besonnenheit auf.
Kontraktverhandlungen laufen
Der Appell kommt flankierend zu den Preisverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhandel für das kommende Jahr, in denen die Branche derzeit steckt. Auf dem Tisch liegen Forderungen, die bis zu 50 Prozent über den Vorjahresnotierungen liegen. "Der Preis für Bodenhaltungseier ist seit August von 7,5 Eurocent auf 13 Eurocent gestiegen", bestätigt ZDG-Präsident Friedrich-Otto Ripke die Entwicklung seit Bekanntwerden des Fipronil-Skandals.
Unternehmen, die sich ihren Bedarf nicht schon im Vorfeld gesichert hätten, müssten die Rohware seit Monaten zu historischen Höchstpreisen einkaufen. Für nicht wenige Unternehmen seien damit Millionenverluste verbunden, die nicht alle Betriebe verkraften könnten. Auch in der niederländischen Landwirtschaft seien etliche Existenzen bedroht.
Industrie hat das Nachsehen
Dass auch viele industrielle Lebensmittelhersteller nicht ohne Eier als Zutat auskommen, haben die Fipronilfunde der Untersuchungsämter in etlichen Lebensmitteln jetzt auch der breiteren Öffentlichkeit vor Augen geführt. In feinen Backwaren, wie Frischkuchen oder Biskuit, Feinkostsalaten, Nudeln, ja sogar in etlichen Veggie-Artikeln sind nicht unerhebliche Mengen an Ei verarbeitet.
Meist kommt in diesen Produktionen die Rohware als Eimasse oder Eipulver zum Einsatz, also bereits bedarfsgerecht vorverarbeitet. Das geschieht nicht nur aus Gründen der längeren Haltbarkeit. Bei den sogenannten Eiprodukten, in die auch Bruchware eingearbeitet werden darf, sorgen Pasteurisierungs-Verfahren für Keimfreiheit. Ein Drittel der deutschen Eier-Produktion wurde im vergangenen Jahr zu Eiprodukten verarbeitet. Jetzt verkaufen die Betriebe den gefragten Rohstoff aus heimischer Produktion lieber für deutlich mehr Geld als Schalenware an den LEH und die Industrie hat das Nachsehen.
Holländer liefern aus Polen
Anders als bei Konsumeiern, wird Eimasse in der Regel aber anonymisiert angeboten. Also weder Haltungsform (Käfig, Bodenhaltung, Freiland) noch das Herkunftsland werden genannt. Holländischen Groß-Betriebe, die jetzt vom Fipronil- Skandal betroffen seien, hätten zu den wichtigsten Lieferanten für Industrieunternehmen weltweit gehört, das ist nicht nur in der Eierbranche ein offenes Geheimnis. Bis zu 150 000 t Eiprodukte wurden in alle Welt exportiert.
Der Fipronil-Skandal könnte vor allem bei Industrieware zu Marktverschiebungen führen, nicht nur weil holländische Eiervermarkter bereits riesige Betriebe mit bis zu einer Millionen Tiere pro Einheit in Spanien oder Polen unterhielten. Auch andere Länder Osteuropas und Südamerikas kämpften hart um Marktanteile zu gewinnen.